Meine Eltern waren fixiert auf ihre Unfruchtbarkeit und wollten alles tun, um ihr Leiden mit einem Baby zu beenden

„Mit 21 fand ich es heraus. Die Kindheit lag hinter mir und es war fest in meinem Gehirn verankert und emotional klar, wer mein Vater ist. Dann das: die Nachricht von einem genetisch Fremden- eine gefrorene Samenflüssigkeit mit Name: C11. Ddas sollte mein Vater sein. Ich war geschockt (….)
( …) Was wäre, wenn ich es früher erfahren hätte? Ein Bekannter hatte es immer gewusst und konnte gut damit umgehen. Er überlegte sogar selbst Samenspender zu werden. Erst, als er selber Vater wurde und eine Tochter bekam, ging ihm auf, was „eigenes Fleisch und Blut“ bedeutet, für ihn und seine Tochter. Wie man darauf reagiert kann sich also im Leben schnell ändern.
(…) Ich konnte mit meiner Geschichte nicht umgehen. Es irritierte mich, dass ich wie in der Tierzucht entstanden bin, wobei dort bessere Aufzeichnungen geführt werden als bei der Menschentechnik.(…) Es fühlte sich auch sehr fremd an, dass die zwei Menschen in mir sich nie geliebt, getanzt, ja sich nicht einmal getroffen hatten.
(…) Ich hab meine Eltern nie verurteilt oder war ärgerlich. Meine Mutter schien mir selber irgendwie ein Opfer und ich meinte Solidarität leben zu müssen mit ihr und der Gesellschaft. So stellte ich die Fragen nicht, die in mir waren. Sie waren zusammenhanglos, nicht greifbar.(…)
Im Grunde lauteten sie so:
Wie können eigene Eltern ihr Kind trennen von den Vorfahren, es aufwachsen lassen mit einer Blindheit für eine Hälfte der eigene Identität. Warum haben sie es getan, wenn sie mir nicht mal die Wahrheit erzählen konnten?
Wie können Ärzte mit den Worten „was ist schon dabei“ mir solch einen Schmerz zufügen dürfen über meine unbekannte Identität und mein Erbe?
Wie kann eine Regierung, die den verletzlichsten Teil der Gesellschaft, die Kinder, Schutz bieten soll, es für illegal erklären, sein eigenes Fleisch und Blut kennen zu lernen?
Wie kann mein Spender dazu beitragen mich zu schaffen und mich dann so stehen zu lassen, dass ich nicht einmal seinen Namen weiß?
Die besten Antworten sind für mich diese geworden:
Meine Eltern waren fixiert auf ihre Unfruchtbarkeit und wollten alles tun, um ihr Leiden mit einem Baby zu beenden.
Die Ärzte schauten gebannt auf ihre nächsten Veröffentlichungen, umgeben von Lächeln und süßen Babygesichtern an den Wänden und dachten nicht daran, was passieren könnte, wenn sie heranwachsen. Durch Spender entstanden zu sein ist wie eine halbe Adoption. Man wächst seltsam auf mit einem Teil adoptiert, mit einem Teil biologisch zusammengehörig.“

http://anonymousus.org/stories/index.php?cid=2#1413

Anmerkung: Anonyme Samen- und Eizellspenden sind in Österreich nicht möglich. Ab dem 14. Lebensjahr hat das betroffene Kind die Möglichkeit zu erfahren, wer seine genetischen Eltern sind. Es besteht allerdings keine Verpflichtung der aufziehenden Eltern, das Kind über seine Abstammung zu informieren. 

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